Preisträger 2024

Therapieperspektive für das mitochondriale Leigh-Syndrom

Prof. Dr. Alessandro Prigione vom Universitätsklinikum Düsseldorf und Prof. Dr. Markus Schülke von der Charité – Universitätsmedizin Berlin wurden für ihre wegweisenden Arbeiten zum mütterlich vererbten Morbus Leigh (MILS) mit dem Eva Luise Köhler Forschungspreis 2024 ausgezeichnet.

 „Die Arbeiten von Professor Prigione und Professor Schülke sind wegweisend für die Behandlung des MILS-Syndroms – und gehen noch weit darüber hinaus: Die Identifizierung und Anwendung von Sildenafil ist ein hervorragendes Beispiel für den effizienten Einsatz von Medikamenten-Repurposing, der Nutzung bekannter Wirkstoffe für andere Erkrankungen. Das ist eine greifbare Chance für viele Betroffene auch anderer Seltener Erkrankungen, die Hoffnung und Zuversicht schenkt.“- so Eva Luise Köhler.

Die fortschreitende seltene Erbkrankheit MILS beeinträchtigt den Energiestoffwechsel der Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der menschlichen Zellen. MILS betrifft speziell das zentrale Nervensystem und verursacht schwere Störungen sowohl im geistigen als auch im motorischen Bereich. Eine Heilung ist bisher nicht möglich, viele betroffene Kinder sterben früh. Mit Hilfe von  reprogrammierten Nervenzellen ist es Professor Prigione und Professor Schülke gelungen, einen vielversprechenden Behandlungsansatz mit einem bereits zugelassenen Medikament zu entwickeln. Ermutigende erste Studienergebnisse lassen auf eine zeitnahe Therapie hoffen.

Medikamenten Repurposing: Sildenafil als vielversprechende Behandlungsoption

Die prämierte Forschung basiert auf Arbeiten, in denen die Forscher erstmals menschliche Modelle für das Leigh-Syndrom entwickelt haben. Mit Hilfe von neuronalen Zellen aus induzierten pluripotenten Stammzellen von Betroffenen identifizierten sie in umfangreichen Hochdurchsatz-Screening-Analysen von mehr als 5.000 Wirkstoffen insbesondere Sildenafil, unter der Bezeichnung Viagra® als Behandlung von Erektionsstörungen zugelassen, als vielversprechende Substanz für eine Behandlung des Leigh Syndroms. In der Kinderheilkunde wird Sildenafil bereits erfolgreich zur Behandlung von Lungenhochdruck bei Säuglingen eingesetzt, die Sicherheit des Wirkstoffs ist gut erforscht.  Prigione und Schülke konnten einen positiven Einfluss von Sildenafil auf den intrazellulären Kalziumstoffwechsel und die Wachstumsfähigkeit der Nervenzellen von MILS-Patienten nachweisen. In individuellen Therapieversuchen zeigten schwerkranke Kinder deutliche Verbesserungen nach einer Behandlung. Von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA wurde der Einsatz zur MILS-Therapie gemäß der Orphan Drug Designation (ODD) bereits genehmigt. Eine europaweite multizentrische Studie zur weiterführenden klinischen Prüfung des Wirkstoffs soll in Kürze starten.

Ausblick: Hoffnung auch für Betroffene anderer Seltener Erkrankungen

Der mit 50.000 Euro dotierte Eva Luise Köhler Forschungspreis wird in enger Kooperation mit der ACHSE vergeben. So führt der Wissenschaftliche Beirat der ACHSE das Auswahlverfahren durch und schlägt der Stiftung den oder die Preistragenden vor. 

Die Anschubfinanzierung  ermöglicht Professor Prigione und Professor Schülke die Durchführung von Untersuchungen zur Identifikation von Biomarkern, die Aufschluss über den Einfluss von Sildenafil auf zelluläre mitochondriale Stoffwechselwege, den individuellen Krankheitsverlauf und therapeutische Effekte geben.

Der Forschungspreis wurde am 3. Mai 2024 bereits zum 16. Mal vergeben, erneut in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin und zum zweiten Mal in Anwesenheit des Bundesgesundheitsministers, Prof. Dr. Karl Lauterbach, der die Unterstützung der amtierenden BUndesregierung für Seltene Erkrankungen signalisierte.

Weitere Informationen zu den Preisträgern in der Pressemitteilung

Logo Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
Porträtfoto der Schirmherrin der ACHSE, Eva Luise Köhler

Zitat Köhler


“Menschen mit einer chronischen seltenen Erkrankung haben eine besonders schwere Lebenssituation zu meistern. Für die Arbeit der ACHSE bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.”
Eva Luise Köhler, Schirmherrin der ACHSE