Preisträger 2023

Tübinger Hirnforscherin und Elterninitiative ausgezeichnet

Seltene Erkrankungen besser erforschen mit Hilfe von Hirnorganoiden, die zelluläre Architekturen sowie bestimmte funktionale Aspekte von Gehirnarealen imitieren können: Für die aussichtsreiche Überprüfung effektiver Wirkstoffkandidaten zur Behandlung von PCH2a, der häufigsten Form von PCH2, mit Hilfe von Hirnorganoiden wurden Dr. Simone Mayer vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen sowie Dr. Julia Matilainen und Dr. Axel Lankenau vom Selbsthilfeverein PCH-Familie mit dem Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen 2023 in Anwesenheit von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, der ebenfalls ein Grußwort sprach, ausgezeichnet.

Mit dem Preisgeld von 50.000 Euro wird Dr. Simone Mayer aussichtsreiche Wirkstoffkandidaten zur Behandlung von PCH2a, der häufigsten Form von PCH2, überprüfen. Gemeinsam mit ihrer Forschungsgruppe am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen nutzt sie dazu Hirnorganoide, die aus gespendeten Hautzellen von PCH2a-betroffenen Kindern erzeugt werden. Diese Gewebestrukturen können außerhalb des menschlichen Körpers dreidimensional wachsen und die zelluläre Architektur sowie bestimmte funktionale Aspekte von Gehirnarealen imitieren. Hirnorganoide gewähren Forschenden somit Einblicke in die frühe Gehirnentwicklung und die Entstehung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Zudem ermöglichen sie die Untersuchung der Effekte von Medikamenten, Giftstoffen, Keimen oder Viren sowie genetischer Variabilität auf menschliche Gehirnzellen und die Gehirnentwicklung. In der Lecture, die die Wissenschaftlerin nach der Preisübergabe noch gehalten hat, konnten alle Teilnehmenden spannende Einblicke in dieses innovative Vorhaben erhalten.

Die pontocerebelläre Hypoplasie Typ 2 ist eine autosomal-rezessive Erkrankung und zählt mit schätzungsweise 100 bekannten Fällen in Deutschland zu den Seltenen Erkrankungen.

Wissenschaft und Patientenvertretung Hand in Hand

Die Vernetzung zwischen Betroffenen und Forschenden ist ein wichtiger Faktor, um eine sehr seltene Krankheit besser zu verstehen. Die diesjährigen Forschungspreistragenden machen diese deutlich, wie Eva Luise Köhler, die beim Festakt auch in ihrer Rolle als Schirmherrin der ACHSE auftrat, hervor hob: „Julia Matilainen, Axel Lankenau und die anderen engagierten PCH-Familien machen sich neben ihren Aufgaben in der Pflege ihrer Kinder mit viel Zeit und Energie für mehr Austausch und Forschung stark. Und mit Dr. Simone Mayer treffen sie auf eine Forscherin, die die Expertise der Familien wertschätzt und in ihre Arbeit einbezieht. Hier wird beeindruckend deutlich, was ein enger Schulterschluss im Bereich der Seltenen Erkrankungen bewegen kann!" Aber auch hier gilt: „Wer die pathologischen Muster hinter einer Seltenen Erkrankung erkennt, kann daraus oftmals Ursachen häufiger Krankheiten ableiten."

Betroffene Familien und Patientenorganisationen frühzeitig einbeziehen - Erfolgreich Forschen

Warum das innovative Forschungsvorhaben überzeugen konnte, erklärte Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung in ihrer Laudatio: „Die Arbeit mit stammzellbasierten Hirnorganoiden zeigt die enormen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte auf, die Forschenden und uns als Gesellschaft ein historisches „window of opportunity" eröffnen", betonte sie und zeigte sich beeindruckt von der engen Zusammenarbeit zwischen der Forscherin und den betroffenen Familien: „Sie sind ein wahrlich starkes Team. Hier sehen wir, was im Bereich der Seltenen Erkrankungen möglich ist, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen und in der Überzeugung handeln: Erfolgreich geforscht werden kann nur MIT den Betroffenen, nicht über sie."

Der Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen wurde in enger Kooperation mit der ACHSE zum 15. Mal vergeben. Die feierliche Preisverleihung fand am 9. Juni 2023 in der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft in Anwesenheit der von über 100 geladenen Gästen statt. Bundesminister für Gesundheit Prof. Dr. Karl Lauterbach hielt ein Grußwort.

Biografische Informationen zu den Preisträgern

Mehr Informationen über die Preisverleihung

Rückblick in Bildern

V.l.n.r.: Dr. Simone Mayer, Prof. Dr. Karl Lauterbach, Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Eva Luise und Horst Köhler, Fotos: Andrea Katheder
V.l.n.r.: ACHSE Vorsitzende Geske Wehr, Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Prof. Dr. Karl Lauterbach, Eva Luise Köhler und Horst Köhler, Fotos: Andrea Katheder
Prof. Dr. Karl Lauterbach lobte in seiner Rede die Arbeit der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung im Bereich Forschung und versprach, sich gemeinsam mit seinem Ministerium stärker für die Belange von Menschen mit Seltenen Erkrankungen einzusetzen. Fotos: Andrea Katheder
Die Vorsitzende der ACHSE, Geske Wehr, würdigt in ihrer Laudatio den Einsatz der PCH-Elterninitiative auf allen Ebenen - die vielen Väter und Mütter würden sich nicht nur um die liebevolle pflegerische Versorgung ihrer Kinder kümmern, für ein Sozialleben und Spaß, trotz der Herausforderungen im Alltag sorgen, sondern mit vereinter Kraft Forschung antreiben - und so einen erfolgreichen Auftakt gestartet haben. Fotos: Andrea Katheder
V.l.n.r.: Bundespräsident Horst Köhler, Eva Luise Köhler, die Preistragenden Dr. Axel Lankenau und Dr. Simone Mayer, Geske Wehr und Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende Eva Luise Köhler Stiftung. Fotos: Andrea Katheder
Dr. Axel Lankenau berichtet aus seinem Alltag mit zwei Jungen, die mit PCH geboren worden sind. Fotos: Andrea Katheder
Die Preisträgerin Dr. Simone Mayer, Fotos: Andrea Katheder
Dr. Axel Lankenau mit einem seiner Söhne. Fotos: Andrea Katheder

Kontakt

Bianca Paslak-Leptien

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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