Ich lebe. Und das ist das Beste, was ich für heute erreichen kann.

Ich bin Carina – liebende Mutter und Partnerin, Coach und Motivatorin, Geschäftsfrau und Sportlerin! Außerdem habe ich die Seltene Erkrankung Pseudotumor Cerebri.

Meine Geschichte fängt turbulent an. Mit 25 erlitt ich meinen ersten Herzstillstand – zu diesem Zeitpunkt saß ich im Flugzeug, mit meiner kleinen 20 Monate alten Tochter im Arm. Für mich und meine Lieben war das ein unglaublich traumatisches Erlebnis – dennoch lief danach alles wieder in seinen gewohnten Bahnen. Ich heiratete, baute mit meinem Mann ein Haus und gründete innerhalb kürzester Zeit erfolgreich einen Pflegedienst mit 50 Angestellten.

Dann kam der große Schock: Ein zweiter Herzstillstand. Die Ursache dafür ist das sogenannte Sick-Sinus-Syndrom.

Dieses Erlebnis hat mich noch einmal auf ganz andere Weise berührt, denn geblieben ist nicht nur ein Herzschrittmacher, der nun seit fünf Jahren mein Überleben sichert, sondern auch eine Nahtoderfahrung.

Alles wieder beim Alten

Dann war wieder Ruhe – ich dachte ich sei gesund, machte weiter wie bisher, ohne zu merken, wie mein Körper immer kränker wurde. Zu diesem Zeitpunkt verstand ich noch nicht, was ich heute weiß. Im Jahr 2017 bin ich morgens aufgewacht und habe gemerkt, dass etwas mit meinen Augen nicht stimmte. Ich ging zum Spiegel und stellte fest, dass ich keine Kontrolle mehr über diese hatte. Dennoch stieg ich ins Auto und fuhr, mit einem Auge zu, ins Büro. Als auch meiner Kollegin auffiel, dass mit meinen Augen etwas gar nicht stimmte, bin ich sofort notfallmäßig in die Klinik gekommen.

Und plötzlich war alles anders

Dort sollte ein MRT meines Kopfes gemacht werden, was aufgrund meines Herzschrittmachers komplizierter ist als normal und alles sehr in die Länge gezogen hat. Schließlich wurde anhand der Bilder festgestellt, dass die Hirnanhangsdrüse ganz plattgedrückt auf dem Boden lag, was auf einen sehr hohen Hirndruck hinweist. Es wurde sofort eine sogenannte Lumbalpunktion über den Rücken durchgeführt, wobei ein Hirndruck von über 30 festgestellt wurde – bei gesunden Menschen liegt dieser Wert bei 5 bis 10.

Ich hatte Glück, dass ich Ärztinnen und Ärzte hatte, die meine Symptome bereits gesehen hatten und wussten, was zu tun war. Noch am gleichen Tag wurde Hirnwasser entlassen und innerhalb einer Stunde waren meine Augen wieder in Ordnung. Was für Auswirkungen das nun auf mein Leben haben würde, ahnte ich da noch nicht. Damals dachte ich, es sei meine einzige Punktion und danach sei alles wieder gut – doch diese Illusion wurde mir noch am selben Tag genommen. Ich lag zwei Wochen im Krankenhaus, wurde täglich punktiert, um zu beobachten, wie schnell der Druck wieder steigt, und auf Medikamente eingestellt.

Diagnose Pseudotumor Cerebri

Der Pseudotumor Cerebri ist eine seltene, neurologische Erkrankung, deren Ursache bisher unbekannt ist. Wir alle bauen Hirnwasser auf, das über den Körper abtransportiert wird. Bei uns Betroffenen gibt es bei diesem Vorgang eine Ablaufstörung. Der Druck wird zwar aufgebaut, das Wasser aber nicht abtransportiert – es steigt und steigt. Daher kommt auch der Name Pseudotumor, da die gleichen Symptome auftreten, wie bei einem Tumor - nur findet man keinen solchen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse dafür, dass das Sick-Signus-Syndrom in Zusammenhang mit dem Pseudotumor steht, gibt es nicht. Meine Vermutung zur Entstehung des Pseudotumors ist, dass ich nach der Nahtoderfahrung und dem Herzschrittmacher nicht mehr auf mich geachtet habe und in eine Abwärtsspirale geraten bin – keine gesunde Ernährung, keine Bewegung und Selbstfürsorge – nur noch Stress. Seit der Diagnose musste ich unzählige Lumbalpunktionen über mich ergehen lassen, um den Hirndruck zu senken. Außerdem war ich täglich auf Medikamente angewiesen, die dabei unterstützten, dass der Hirndruck nicht so rasant anstieg.

Gefangen im Hamsterrad

Im Krankenhaus fing ich an, mir erste Gedanken zu machen – ich hatte weiter die Firma im Rücken, merkte aber gleichzeitig, wie schlecht es mir ging. Hirndruck ist schlimm – wenn das Hirnwasser aber entlassen wird und man im Unterdruck ist, hat man das Gefühl, man liegt trocken und eckt überall an. Das ist schlimmer. Was konnte ich verändern? Ich startete mit kleinen Veränderungen, wie der Umstellung auf eine fleischlose Ernährung und kohlensäurefreie Getränke. Die Medikamente haben gut angeschlagen, aber auch einige Nebenwirkungen, wie Kribbeln in Fingern und Füßen. Ich habe es gut angenommen – um gesund zu werden machte ich das einfach. Mir ging es zu dieser Zeit wirklich schlecht – aber ich lernte damit zu leben und baute meinen Alltag um die Punktionen herum. So wusste ich, dass ich nach einer der 4-8 Wochen stattfindenden Punktionen zwei Tage flachlag und dann langsam weitermachen konnte. Doch große Änderungen habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschlossen. Ich war so im Hamsterrad drin, dass es mir sehr schwerfiel, da wieder rauszukommen.

Ich konnte und wollte so nicht weitermachen

Ende 2019 kam der nächste Schicksalsschlag – mein Mann erkrankte schwer an Darmkrebs. Von da an ging es steil abwärts. Anfang 2020 musste ich alle zwei Wochen zur Punktion, die Ärztinnen und Ärzte haben Alarm geschlagen und auch der Schrittmacher arbeitete am Limit – ich war am Ende meiner Kräfte. So konnte und wollte ich nicht weitermachen.

Ich nahm mir eine lange Auszeit und überlegte, was ich wollte. An oberster Stelle stand „Gesund werden" – also kam ich zurück, verkaufte meine Firma und krempelte mein Leben komplett um. Ich stellte meine Ernährung um, fing an Sport zu machen und Stress zu reduzieren. Auch dazu gehörte, dass ich mich von Menschen, die mir nicht guttaten, verabschiedete. Ich begab mich nochmal auf die Suche nach guten Neurologen, die mir neue Ansätze geben könnten und wurde fündig. Bis heute bin ich bei einem tollen Neurologen, der offen mit mir und auch der Klinik kommuniziert, innovativ denkt und mir – gegen das Protokoll – eine andere Medikation verschrieben hat. Ich habe ihm viel zu verdanken, denn von dem Zeitpunkt an wurde alles besser. Einen niedergelassenen Arzt zu finden, der Interesse zeigt und motiviert ist, neue Wege zu gehen, ist wie ein Sechser im Lotto.

Es geht bergauf

Ich nahm 40kg ab und trainiere bis heute 6 Mal die Woche. Meine letzte Punktion, bei der Hirnwasser abgelassen werden musste, hatte ich im August letzten Jahres. Im Dezember und März war ich zu weiteren Kontrollpunktionen – doch schon da waren die Ergebnisse so gut, dass kein Hirnwasser abgelassen werden musste. Inzwischen bin ich so weit, dass ich meine Medikamente absetzen konnte. Mein Neurologe war begeistert. Laut ihm gäbe es 50% weniger Betroffene, wenn man meinen Weg rezeptieren könnte – das war für mich wie ein Ritterschlag. Es tat gut, in meinen Veränderungen bestätigt zu werden.

Macht es zusammen und macht es ehrlich

Vieles war nur dank dem Rückhalt meiner Familie möglich, meines Partners und unserer traumhaften Tochter. Familie ist die Insel, die man in schweren Zeiten so dringend braucht. Unserer Tochter gegenüber haben wir immer sehr offen über die Erkrankungen gesprochen. So ist das Leben eben – so wie es Schattenseiten gibt, gibt es immer auch Sonnenseiten. Nur durch diese Offenheit, Ehrlichkeit und eigene Akzeptanz konnte sie es verstehen, verarbeiten und zu so einer wundervollen Persönlichkeit heranwachsen.

My Challenge 2021

Manchmal ist es wichtig seinen eigenen Blickwinkel auf die persönliche Krise zu verändern, damit neue Kraftquellen entstehen können. Ich habe eine solche Kraftquelle im Sport gefunden. Seit letztem Jahr bin ich dabei, ein tolles Projekt zu verwirklichen, die „My Challenge 2021", mit der ich nicht nur einen Rekordversuch verwirklichen, sondern auch zeigen möchte, was mit der Erkrankung und auch dem Herzschrittmacher möglich ist. Die besondere Herausforderung besteht aus einer mehrtägigen Biketour in und um Garmisch-Partenkirchen, die im Rahmen von mehreren Etappen vom 11. bis 17. Oktober 2021 stattfinden wird.

Alles über die „My Challenge 2021" erfahrt ihr auch hier.

Wegbegleiterin – durch eigene Erfahrung aus den Vollen schöpfen

Im Rahmen meiner Neuausrichtung habe ich im Bereich Motivation und Keynote angefangen und gemerkt, dass das absolut meins ist. Mir ist bewusst geworden, dass ich nur aus den Vollen schöpfen kann, weil ich das alles durchlebt habe. Ich habe mit den Herzstillständen den Tod gespürt, aber auch das Leben. Ich hatte mich auf eine Reise begeben und bin meinen Weg gegangen - mit Erfolg. Und das möchte ich anderen als Motivation weitergeben. Aus meiner Sicht ist der Pseudotumor Cerebri eine ganzheitliche Erkrankung – erfolgreich mit dieser Diagnose zu leben bedeutet, bereit für Veränderungen zu sein und sich nicht nur auf Medikamente zu verlassen. Es ist unglaublich wichtig, immer weiter nach Möglichkeiten zu suchen und sich nicht selbst aufzugeben. Oft wünschen sich Betroffene vor dem Coaching, dass alles wieder so wird, wie es vorher war, dass sie wieder „ganz die Alten" werden. Der erste und wichtigste Schritt ist, selbst anzunehmen und zu akzeptieren, dass man eine Erkrankung hat. Und dann anzufangen sein Leben mit eben dieser Erkrankung neu zu ordnen. Oft merken die Betroffenen schon beim zweiten Coaching, dass sich etwas in ihnen selbst ändert. Dass sie sich mehr Auszeit nehmen und reflektieren.

Ich möchte aktiv werden, ich möchte etwas verändern. Wohin mich die Reise noch führt, weiß ich nicht – aber mein Ziel ist es, anderen Betroffenen zu helfen und zu zeigen, was mit einer positiven Lebenseinstellung möglich ist. Ich möchte Coach und Motivatorin für alle sein, die wie ich auf einen Herzschrittmacher angewiesen sind oder unter einem Pseudotumor Celebri leiden – Wegbegleiterin für Menschen, die ebenfalls ihre Richtung im Leben verloren haben und denen der Mut fehlt, neue Wege zu gehen.

 

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blaue, pinke, grüne und gelbe Umrisse von Beinen und Füßen, die in die Luft springen.